DER ERSTE KÖNIG

die Krone
Als sich der Ritter Lothar von Quedlinburg im Jahre 918, im Auftrage Herzog Heinrich von Sachsen, nach Friesland aufmachte, um eine gewisse Person ausfindig zu machen, ahnte er nicht, dass für die Erfüllung seiner eigenen Pläne kaum noch Zeit blieb.

Und der Deutschen Herrlichkeit lag plötzlich in Händen zweier friesischer Ritter, die ihre Schwerter blutig schlugen, um mit dem Generalvikar von Trient ihr vorbestimmtes Ziel zu erreichen. Doch Papst Johannes X. wollte ein Universalreich der Deutschen Stämme um jeden Preis verhindern. Ließ er die Magyaren brandschatzen und morden?


Aus dem Inhalt des Buches...


Als dem Friesen Kanulgar das Messer aus dem Gurt rutschte und gegen den einzigen Stein schlug, der das Moos überdeckte, war der derbe Klang der Klinge alles, was die Nacht an Lauten übrig hatte. Der kalte Nieselregen war nicht angetan, die Schatten der Dunkelheit zum Tanzen zu bewegen. Doch Kanulgar erschrak, denn dieses Geräusch hätte sie wecken können. Verstohlen sah er sich nach dem Anführer um. Und in dessen Gesicht konnte er die Verärgerung ablesen. Dann war sein Blick wieder allein auf das Ziel gerichtet. Auf den Wachposten, der scheinbar ebenso sorglos schlief, wie der Ritter und seine übrigen Soldaten.
Kanulgar lag jetzt ganz flach auf dem Moos und lauschte. Für eine Weile war die Welt angehalten, doch nichts geschah. Dann ergriff er das Messer wieder und glitt weiter über den von der Feuchtigkeit durchtränkten Waldboden. Nur das Ziel vor Augen.
Doch dann zögerte er plötzlich und hielt für einen Augenblick die Luft an, als wollte er sich selbst hinterfragen, ob er bereit dazu wäre. Aber er war sich seiner Sache sicher und mit schnellem Griff riss er den Kopf des schlafenden Wächters nach hinten und schnitt mit dem scharfen Messer über die Kehle. Das austretende Blut sah er nicht, denn seine Augen waren auf das Feuer gerichtet, an dem der Ritter und seine Soldaten schliefen. Aber all seine Befürchtungen verschwanden, als er den nachgeahmten Ruf des Waldkauzes hörte, den er sofort erkannte. Die anderen hatten die Pferde losgebunden, der Raub war gelungen.
Vorsichtig erhob er sich, und zog sich rücklings in die Dunkelheit zurück, wo schon die Gefährten auf ihn warteten. Der Friese erkannte sofort, dass das Zaumzeug eines der Pferde auf einen edlen Reiter schließen ließ, und auch mit dem Inhalt der Satteltaschen waren sie allesamt zufrieden: Münzen, Schinken, Wein. Und mit behutsamer Eile führten sie dann die zwölf Pferde auf dem gleichen Pfad zurück, den sie vorher zu Fuß gekommen waren. In zufriedener Stimmung ließen sie sich den Wein über ihre Kehlen laufen.
      Mit der Schwere, die einen Verschütteten an das Erdreich fesselt, erwachte Lothar von Qedlinburg. Sofort vernahm er das Klagen seines Knappen Conradus: »Er ist tot, tot ... einfach tot. Und die Pferde sind allesamt weg! Auch Eure Satteltasche, das war leichtsinnig.«
Conradus war Thüringer und mit so viel Lebenserfahrung ausgestattet, dass Lothar ihn für unentbehrlich hielt. Und obwohl es für manch einen Soldaten eine Ehre war, einem Ritter zu dienen, so war es für Conradus die Erfüllung seiner selbst. Daher wollte er in allem der Beste sein. Im Zweikampf ebenso wie als Wegfinder. Aber dieses Missgeschick in der Nacht nahm er auch auf seine Kappe, denn zu sorglos sprach der Ritter dem Wein zu, und zu sorglos war auch er selbst, sonnst hätte er die Wache übernommen.
»Die Sonne im Osten, den rechten Weg im Norden. Dort also entlang...«, schlug er darum vor.
»Dann werden wir wohl das Ziel zu Fuß aufsuchen müssen«, bemerkte Lothar zähneknirschend und holte die letzten drei Silberlinge aus seinem ledernen Beutel.
»Für eine ordentliche Mahlzeit sollte es wohl noch reichen, Herr«, behauptete Conradus kühn.

DER ERSTE KÖNIG
historischer Roman von Traso

3. Buch der Sachsensaga
434 Seiten inklusive:
- Nachwort
- Sachsenchronik
- 4 Karten